Rückzahlung Überbrückungshilfe II - Deckelung auf 90 Prozent der ungedeckten Fixkosten wurde aufgehoben

Aufhebung der nachträglichen Kürzung und Rückzahlung von Corona Überbrückungshilfen II - es drohte eine Rückforderungswelle ungeahnten Ausmaßes
Hamburg, Montag 22. März 2021

1.     Großes Aufatmen nach der Aufhebung des Erfordernisses ungedeckter Fixkosten

Im Dezember platzte eine Nachricht in die C19-Förderlandschaft - die Überbrückungshilfe II wurde für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) auf die sog. ungedeckten Fixkosten reduziert. Diese nachträgliche Änderung der ÜH II hätte zur Folge gehabt, dass ein ganz erheblicher Teil der Unternehmen die erhaltenen Hilfen ganz oder teilweise zurückzahlen müsste. Dieser Spuk ist jetzt Gott sei Dank vorbei!

2.      Die Änderung vom Dezember 2020 in Kurzform

Im Dezember 2020 wurden die FAQ zur Überbrückungshilfe II ergänzt. Der Gesamtbetrag der beantragten Überbrückungshilfe II wird für Betriebe unter 50 Mitarbeiter oder weniger als EUR 10 Mio. Umsatz auf 90 % der sog. „ungedeckten Fixkosten“ gedeckelt (größere Unternehmen 70%). Diese einschneidende Begrenzung der Förderhöhe gab es bislang nicht.

3.      Vereinfachtes Beispiel

Ein Betrieb erzielte von Sept. bis Dez. 2020 monatlich 80 % weniger Umsatz und bekam daher 90 % der monatlichen Fixkosten von gleichbleibend 5.000 EUR = 4.500 EUR gefördert. Die Gesamtförderung betrug somit 4 Mon. á 4.500 EUR = 18.000 EUR. Der Verlust (ungedeckte Fixkosten) betrug monatlich 1.000 EUR.

Wegen der neu eingeführten Begrenzung beträgt die Überbrückungshilfe II nur 90 % von mtl. 1.000 EUR = 900 EUR, insgesamt also 3.600 EUR. Es müssen 14.400 EUR zurückgezahlt werden.

4.      Was sind Fixkosten in Bezug auf diese Deckelung?

Fixkosten in diesem Sinne sind gemäß FAQ alle Kosten, die einem Unternehmen von September bis Dezember unabhängig von der Ausbringungsmenge entstehen – also auch solche Kosten, die im Rahmen der Überbrückungshilfe II nicht förderfähig sind, z. B.

-     Tilgungszahlungen für Kredite und Darlehen,

-     ungedeckte Personalkosten und

-     Geschäftsführergehalt bzw. fiktiver Unternehmerlohn.

5.      Was sind ungedeckte Fixkosten in Bezug auf diese Deckelung?

Ungedeckte Fixkosten in diesem Sinne sind alle Fixkosten, die im Zeitraum September bis Dezember 2020 weder durch den Deckungsbeitrag aus Einnahmen noch aus anderen Quellen (z. B. andere Beihilfen) gedeckt sind.    

6.      Was ist die Folge bei einem Überschreiten des Höchstbetrags?

Wird der jeweils zulässige Höchstbetrag bzw. Fördersatz für Beihilfen überschritten, ist der zu viel erhaltene Betrag im Rahmen der Schlussabrechnung zurückzuzahlen.

7.      Wie ist die Höhe der Förderung genau zu ermitteln?

Eine genaue Ermittlung ist nicht möglich, weil wichtige Grundlagen für eine Berechnung ungeklärt sind:

Ungeklärt in Bezug auf die Fixkosten sind, z. B.:

1.   Geschäftsführergehälter: Sind die tatsächlichen Geschäftsführergehälter maßgeblich? Gibt es eine Deckelung? Gibt es eine einheitliche Pauschale?

2.   Fiktiver Unternehmerlohn: Welche Höhe (1.180 EUR monatlich?) wird berücksichtigt?

3.   Können planmäßige Abschreibungen berücksichtigt werden (außerplanmäßige sind nicht berücksichtigungsfähig)?

4.   Sind Gewerbe- und Körperschaftsteuern anzusetzen?

Ungeklärt ist auch, welcher Zeitraum maßgebend bei monatlich schwankenden ungedeckten Fixkosten ist. Wenn z. B. im September die ungedeckten Fixkosten 3.000 EUR betragen, im Gesamtzeitraum September bis Dezember jedoch keine ungedeckten Fixkosten eingetreten sind, ist dann der September förderfähig?

7.      Wie kann die Höhe der Förderung überschlägig geschätzt werden?

Eine grobe Schätzung der ungedeckten Fixkosten ist wie folgt vorzunehmen:

      Perioden-Ergebnis des Monats laut BWA (inkl. Personalkosten und GF-Gehältern)

+/-  Korrektur GF-Gehältern (Höhe unbekannt)

./.   Fiktiver Unternehmerlohn (vermutlich ca. 1.000 EUR mtl.)

+     einmalige Wertminderungen

+     planmäßige Abschreibungen (unbekannt)

./.    Tilgungszahlungen für Kredite/Darlehen

Es ist zu empfehlen, verschiedene Annahmen durchzurechnen, um ein Gefühl für die Bandbreite der möglichen Förderhöhe zu bekommen. 

8.      Fallbeispiele

Unabhängig von den o. g. Unsicherheiten ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

  • Um einen Anspruch auf Überbrückungshilfe in einem Monat (z. B. September) zu haben, muss ein Verlust gemäß den beihilferechtlichen Bestimmungen eingetreten sein.
  • Die Höhe der maximalen Auszahlung wird auf die Höhe des Verlustes begrenzt.

Beispiele für die 3 Grundfälle:

1.   Gesamtverlust (GV) ist größer als die Überbrückungshilfe (ÜH):

GV = 5.000 €, berechneter Anspruch auf ÜH = 3.000 € => ÜH = 3.000 €

2.   Überbrückungshilfe (ÜH) begrenzt auf Gesamtverlust (GV):

GV = 5.000 €, berechneter Anspruch auf ÜH = 10.000 € => ÜH = 4.500 €;    
(90 % der ungedeckten Fixkosten)

3.   Überschuss im Förderzeitraum:

Gewinn = 50 €, berechneter Anspruch auf ÜH = 5.000 € => ÜH = 0 €

Achtung: Es ist noch ungeklärt, ob einzelne Monate förderfähig sind, wenn im Gesamtzeitraum September bis Dezember keine ungedeckten Fixkosten (Gewinn) bestehen.

9.      Handlungsempfehlung

Die beihilferechtlichen Ergänzungen führen zu massiven Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der Förderung durch die Überbrückungshilfe II.

Betroffen sind sämtliche Antragsteller, selbst diejenigen, die vor Aufnahme des beihilferechtlichen Passus bereits Ihren Bewilligungsbescheid und ggf. die Auszahlung erhalten haben.

Es ist davon auszugehen, dass im Zuge des Nachweisverfahrens die Berechnungsmethode zur Ermittlung der ungedeckten Fixkosten konkretisiert und entsprechend angewendet wird.

Es ist daher dringend zu empfehlen, einen entsprechend hohen Teil der Überbrückungshilfe als Rücklage unangetastet zu lassen, um etwaige Nachzahlungen leisten zu können.

10.   November- und Dezemberhilfe

Nach unserer Kenntnis gibt es eine vergleichbare Begrenzung bei der November- und Dezemberhilfe nicht. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass die Begrenzung auf die ungedeckten Fixkosten ebenfalls nachträglich eingeführt wird.

11.   Bewertung

Planbarkeit und Verlässlichkeit sind gerade in Krisenzeiten für Unternehmer unverzichtbar. Die nachträgliche Deckelung der Förderung wird zu massenhaften Rückzahlungsansprüchen führen, die nicht vorhersehbar waren. Vielfach werden die Mittel nicht mehr vorhanden sein. Dieses Vorgehen ist nicht nur vor dem Hintergrund der vollmundigen Versprechungen seitens der Politik unverständlich, sondern auch, weil bis heute bei der Beantragung der Überbrückungshilfe II keine Angaben zu den ungedeckten Fixkosten zu tätigen sind.

Letztlich bedeutet die Deckelung auf die nicht gedeckten Fixkosten, dass jeder Unternehmer, der Überbrückungshilfe II bekommt, Verluste in Höhe von mindestens 10 % der ungedeckten Fixkosten realisieren muss. Wer keine Reserven hat, bleibt auf der Strecke. Die Auswirkungen auf die Anzahl der Insolvenzen mit allen damit verbundenen Folgen ist nicht absehbar.

Zu guter letzt …

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